Düstere Aussichten für den Investitionsstandort Deutschland

Seit 2018 hat die deutsche Industrie ihre Produktionsmengen deutlich reduziert. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Strategy& verzeichnete die chemische Industrie einen Rückgang von 21 %, die Papierindustrie von 19 %, die Produktion von Grundmetallen von 18 %, die Glasindustrie von 16 % und die Automobilindustrie von 16 %. Dieser negative Trend erstreckt sich auch auf viele andere Branchen. Laut den Analysten von Strategy& ist die Deindustrialisierung bereits in vollem Gange.

Deutschland profitiert nicht mehr vom globalen Industriewachstum, um heimische Schwächen oder hohe Löhne auszugleichen. Auf lokaler Ebene sieht die Zukunft nicht viel besser aus. Strategy& warnt, dass man bei Investitionsentscheidungen in der Regel nicht Europa bevorzuge – geschweige denn einen bestimmten Standort in Deutschland. Die Auslandsinvestitionen in Deutschland, insbesondere in die chemische Industrie, sind seit 2018 um 90 % gesunken. In Zukunftstechnologien und Herstellungsverfahren wird nun auch in anderen Ländern investiert, um diese wettbewerbsfähiger, wachstumsorientierter, moderner und finanzstarker zu machen – zu. Im Hinblick auf die Steuereinnahmen und damit die Finanzkraft des Staates.

Export-Cashcow verschwindet

Diese Entwicklung ist besonders besorgniserregend, da Deutschland in der Vergangenheit stark auf boomende Exporte angewiesen war, um die wachsende globale Nachfrage zu decken. Die Jahre 2022 und 2023 markierten insbesondere für die Chemieindustrie einen Wendepunkt, da mehr Produkte von China nach Deutschland verschifft wurden als umgekehrt. „Die Export-Cashcow kann den schwachen Inlandsmarkt nicht mehr kompensieren“, schreiben die Berater. Als Gründe werden neben steigenden Energiepreisen auch unsichere Energiemarktbedingungen im Zusammenhang mit der Klimawende und ein hoher Regulierungsaufwand genannt.

Letzteres wird auch vom Ifo-Institut als einer der Hauptnachteile für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland angesehen. Im vierteljährlichen Economist Survey (EES) wurden Ökonomen weltweit zur aktuellen europäischen und deutschen Wirtschaftspolitik befragt. Die aktuelle Umfrage konzentrierte sich auf standortbezogene Fragen, beispielsweise wie erfolgreich das Land darin ist, Unternehmen durch Direkt- und Portfolioinvestitionen anzulocken. ifo-Forscher verweisen in diesem Zusammenhang auf ein „sehr realistisches Bild“. Laut der überwiegenden Mehrheit der Befragten hat die deutsche Wirtschaftswebsite in den letzten zehn Jahren „erheblich an Attraktivität verloren“. Die Bewertungen fielen für Deutschland negativer aus als für die meisten anderen Länder. Darüber hinaus erwartet fast die Hälfte der deutschen Experten selbst eine weitere Verschlechterung in den nächsten zehn Jahren.

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Die Steuerbelastung ist weniger wichtig

Als Gründe werden vor allem regulatorische und bürokratische Hürden genannt. Verschärft werden diese Probleme durch die fehlende Digitalisierung und den Fachkräftemangel. Die Steuerbelastung, die bei Standortdiskussionen häufig am Anfang genannt wird, wurde in dieser Umfrage niedriger eingestuft.

Diese negativen Faktoren decken sich weitgehend mit ähnlichen Studien, etwa dem Landesindex Familienunternehmen. Auch das internationale Standortranking der IMD Business School in Lausanne weist auf die gleichen Probleme hin. Nach Angaben des Ifo sind für die Politik zur Standortverbesserung „der Bürokratieabbau, gefolgt von Investitionen in die Infrastruktur und die Erleichterung der Arbeitsmigration“ die wichtigsten Bereiche.

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